Umbau einer Centauro auf Hydraulikkupplung




1998 kaufte ich mir meine erste Centauro. Bereits nach einigen Kilometern musste ich feststellen, dass die Betätigung der Vorderradbremse mehr als bescheiden war. Kein richtiger Druckpunkt trotz Stahlflexleitungen bzw. sich ändernder Druckpunkt je nachdem mit welcher Geschwindigkeit ich den Hebel anzog.

Richtige Adrenalinausschüttung erzeugte ich besonders in den Alpen, beim anbremsen von Spitzkehren.

Auf der Suche nach einer Alternative stieß ich auf sogenannte Radialbremspumpen. Bei diesen Bauteilen steht der zu bewegende Zylinder nicht parallel zum Lenker sondern senkrecht dazu. Die bekanntesten Hersteller sind Lucas, Brembo und Magura. Die Ausführung von Magura faszinierte mich und so beschloss ich diese anzubauen.



Um die Optik am Lenker zu wahren wollte ich gleichzeitig auch die Kupplung von Seil auf Hydraulik umstellen. Eine Hydraulikkupplung besteht aus drei wesentlichen Teilen:

Vom Nehmerzylinder gibt es zwei lieferbare Bauarten:

Da der Drehpunkt des Ausrückhebels auch eine Schwachstelle darstellt entschied ich mich für die erste Variante. Das von Moto Spezial angebotene Teil passte in der technischen Ausführung hervorragend zum Magura-Teil.
Das etwas geänderte Getriebehalteteil bei den 4V-Motoren/Getrieben benötigt im Gegensatz zu den 2V-Modellen (Hintergrund ist der andere Rahmen) ein Gewinde in der Federaufnahme des Ausrückhebels. Diese lies ich bei einem Mechaniker am ausgebauten Getriebe durchführen.

Zusammen mit enem LSL-Lenker wurden beide Radialpumpen an der Centauro verbaut.

Die Betätigung der Vorderbremse mit der Radialbremspumpe lies keine Wünsche mehr offen.

Die benötigten Kräfte für die Kupplungsbetätigung überraschten mich doch. Jeder Muckibude konnte ich nun Konkurrenz machen. Tja, wenn man das Kleingedruckte nicht liest…..

Der Nehmerzylinder funktioniert nur mit umgebauten Handbremspumpen (vornehmlich Brembo, alte schwarze Version). Durch einen Einsatz im Zylinder wird der Geber-Kolben auf einen Durchmesser von 10mm reduziert. Erst dann ist das Verhältnis von Geber zu Nehmer wieder in einer sinnvollen Grössenordnung.

Da bereits alles eingebaut war, begnügte ich mich vorerst damit, den Hebel am Lenker nur noch ganz wenig anzuziehen.

Nach einigen Aussagen von anderen Fahrern meiner Centauro wurde mir aber bestätigt, dass man sich an die Kupplung gewöhnt und die Kräfte gar nicht so schlimm seien.

Unangenehm machten sich die hohen Betätigungskräfte nur im Stop-and-Go-Verkehr bemerkbar. Aus diesem Grund suchte ich weiterhin eine brauchbarere Lösung zu finden.

Leider habe ich letztes Jahr meine Centauro auf der Strasse modifiziert und die Teile liegen nun in mehreren großen Schachteln in der Garage.

Der Nehmerzylinder hat auch die Bewegung der Motor/Getriebeeinheit in Richtung Schwinge abgefangen und macht nun keinen vertrauenerweckenden Eindruck mehr.

Aus diesem Grunde habe ich nach Ersatz umschau gehalten. Aufgrund von Berechnungen und Platzrestriktionen schieden die Nehmerzylinder von BMW, Ducati und den Reismopeds aus.

Aber warum in die Ferne schweifen ?

Der Nehmerzylinder der V11 (Grimeca) würde rechnerisch zur Magura-Pumpe passen. Das Übersetzungsverhältnis versprach auch annehmbare Kräfteverhältnisse.

Allerdings müsste ich die Aufnahme am Getriebedeckel komplett selbst fertigen.

Für den ersten Versuch besorgte ich mir daher einen defekten Deckel für mein zerlegtes Zweitgetriebe. An diesem wurde die komplette Aufnahme der Kupplungsbetätigung abgefräst.




Danach drehte ich mir einen entsprechenden Adapter für den Nehmerzylinder und passte diesen dann in den Deckel ein.

Da der Abstand zwischen Getriebedeckel und Schwinge doch sehr begrenzt ist, erstellte ich mir einen Testaufbau auf der Werkbank. Dazu befestigte ich meinen Ersatzrahmen mit Schwinge an der Motor/Getriebeeinheit.

Nun konnte ich die maximale Dicke des Aufnahmeadapters ermitteln.

Dafür Standen folgende Abmessungen zur Änderung an:

Mein Ziel war, die vorhandenen Teile nur abzuändern und keine neue, aufwendigen Teile zu produzieren.



Nach mehren An- und Abbauten und Nacharbeiten an der Dicke des Adapters und der Länge der Druckstange hatte ich die benötigten Maße gefunden. Durch das Kürzen der Kupplungsdruckstange konnte ich 3mm sparen. Der Kolben des Nehmerzylinders wurde um 5 mm, das Zylindergehäuse um 2mm abgedreht. Allerdings musste auch an der Schwinge ein Versteifungsblech etwas modifiziert werden.

Auch beim Anbau des MS-Nehmerzylinders an meine alte Centauro hatte ich erhebliche Probleme mit dem Platz zwischen Schwinge und Betätigungszylinder. Das Versteifungsblech musste ebenfalls abgeändert werden.


Die Betätigung der Kupplung war nun leichtgängig und die benötigte Kraft entsprach meiner Erwartung.


Noch zwei Anmekungen

A ) umgebaute Kupplungshandpumpe
der Umbau ist sehr Kompliziert. In den Zylinder wird eine Hülse eingeklebt und ein neuer Kolben von Grimeca verwendet. In einigen Gesprächen mit Besitzern dieses Umbaues konnte ich erfahren, dass es teilweise nach zwei Jahren Probleme damit gibt. Die Manschetten des Kolbens verkleben und die Funktionalität ist weg. Auch ist unbedingt statt Bremsfüssigkeit Glykol zu verwenden. Sobald die Abdichtung des Nehmerkolbens undicht wird, könnte sonst die Bremsflüssigkeit in das Getriebeöl gelangen. Ob regelmäßiges Zerlegen, reinigen und Wechseln der Flüssigkeit Abhilfe schafft konnte ich nicht in Erfahrung bringen.


B) zum Anbau der Handbremspumpe:

Die Anbaureihenfolge Gasgriff-Schalter-Bremspumpe ist so breit, dass der Bremshebel am Gasgriffgehäuse anschlägt. Wechselt man die Reihenfolge auf Gasgriff-Bremspumpe-Schalter dann ist das Starten mit akrobatischen Fingerübungen verbunden.

Dafür habe ich nun auch eine Lösung gefunden.

Den originale Centauro-Gasgriff und der Kill-Starter-Schalter konnte ich gegen einen Gasgriff des gleichen Herstellers für eine Enduro austauschen. In diesem ist der Schalter bereits integriert. Die Breite (Gasgriffgehäuse plus Schalter) reduziert sich dadurch von 34 auf 23 mm. Den benötigten Stecker zum Kabelbaum passend bekam ich von IMT in München. Der Bremslichtschalter wandert zum Verteilstück über der Benzinpumpe.






Für die technisch Interessierten hier nun ausführlichen Berechnungen in Zusammenhang mit Kupplungspumpe und Nehmerzylinder:


  1. Kupplungszugmessung an der Centauro
    Abstand zwischen Hebel und Widerlager:

33,2 mm (eingerückt) bzw. 23 mm (gezogen)
Damit ergibt sich ein Weg von 10,2 mm

  1. Abmessungen Orginalausrückhebel
    Mitte Drehpunkt bis Mitte Nippelaufnahme: 141,1 mm
    Mitte Drehpunkt bis Mitte Stellschraube: 18,7 mm

  2. Berechnung Weg der Kupplungsdruckstange
    Weg Seilzug : Gesamtlänge = Weg Druckstange : Stellschraubenabstand
    => 10,2 mm : 141,1 mm = Weg Druckstange : 18,7
    => Weg Druckstange = ( 10,2 : 141,1 ) x 18,7 = 1,35 mm
    Die Kupplungsdruckstange wird somit beim Auskuppeln um 1,35 mm bewegt

  3. Kupplungspumpen

    1. Magura
      Innenduchmesser 13 mm
      gemessener Druckweg 7,4 mm
      Berechnung des Volumens, das beim Auskuppeln bewegt wird:
      Volumen = Radius im Quadrat x x Druckweg
      => Volumen = 6,5 x 6,5 x x 7,4 = 981,7 mm3
      beim kompletten Durchziehen des Kupplungshebels ergibt sich somit ein bewegtes Volumen von 981,7 mm
      3

    2. Umgebaute Kupplungspumpe von Moto-Spezial
      Innenduchmesser 10 mm
      angenommener Druckweg 7,4 mm
      (mir steht leider keine Kupplungspumpe zur Verfügung)
      Berechnung des Volumens, das beim Auskuppeln bewegt wird:
      Volumen = Radius im Quadrat x x Druckweg
      => Volumen = 5 x 5 x x 7,4 = 580,9 mm3
      Beim kompletten Durchziehen des Kupplungshebels ergibt sich somit ein bewegtes Volumen von 580,9 mm
      3

  4. Nehmerzylinder

    1. von Moto-Spezial
      Kolbendurchmesser 23,5 mm
      mit dem benötigten Hub von 1,35 mm ergibt dies ein benötigtes Druckvolumen von
      => Volumen = 11,75 x 11,75 x x 1,35 = 585,2 mm3

    2. Orginalnehmerzylinder V11
      Kolbendurchmesser 30 mm
      mit dem benötigten Hub von 1,35 mm ergibt dies ein benötigtes Druckvolumen von
      => Volumen = 15 x 15 x x 1,35 = 953,8 mm3

  5. Mögliche Kombinationen

    1. Pumpe und Nehmerzylinder MS
      Die Pumpe liefert ein Volumen von 580,9 mm3, der Weg der Kupplungs-druckstange errechnet sich dann:
      Weg = 580,9 / (11,75 x 11,75 x ) = 1,34 mm
      Die benötigte Hand-Kraft bleibt identisch ( - 1% )
      => Ideal, wenn nicht der Umbau der Kupplungspumpe vorgenommen werden müsste.

    2. Pumpe Magura, Nehmerzylinder MS
      Die Pumpe liefert ein Volumen von 981,7 mm3 , der Weg der Kupplungs-druckstange errechnet sich dann:
      Weg = 981,7 / (11,75 x 11,75 x ) = 2,26 mm
      Der Wert erhöht sich um rund 1 mm. Macht diesen Wert die Kupplung auf Dauer mit?
      Die Ausrückplatte wird mittig gedrückt, die Federn sind AußenHebelkraft?
      Gleichzeitig steigt die benötigte Kraft an der Pumpe um das 1,7-fache an.
      => ist so nicht gewünscht!!!
      Lässt sich allerdings fahren, wenn man den Handhebel nur bis zur Hälfte anzieht.

    3. Pumpe Magura, Nehmerzylinder V11 (Grimeca)
      Die Pumpe liefert ein Volumen von 981,7 mm3, der Weg der Kupplungs-druckstange errechnet sich dann:
      Weg = 981,7 / ( 15 x 15 x ) = 1,39 mm
      Der Wert erhöht sich um rund 0,03 mm (Messgenauigkeit).
      => Der Testaufbau funktioniert einwandfrei.
      Die Handkraft reduziert sich (gegenüber der Variante b) erheblich.


Zusammenfassend hier ein Überblick der technischen Daten einige der untersuchten Kombinationen von Kupplungspumpen und Nehmerzylinder:



Seilzug

Pumpe und Nehmerzylinder MS

(A)

Pumpe Magura, Nehmerzylinder MS

(B)

Pumpe Magura, Nehmerzylinder V11 (Grimeca) (C)

Volumen Hand


580,9 mm3

981,7 mm3

953,8 mm3

Volumen Nehmer


581 mm3

980 mm3

982,5 mm3

Weg an der Kupplung

1,35 mm

1,34 mm

2,26 mm

1,39 mm

Kraftfaktor

100%

99%

167%

103%

Bemerkung


optimal, aber Geberumbau nötig

knackig und schwer

Das ist es!